"Koalition lebt vom Kompromiss"
Plenardebatten im Deutschen Bundestag sind in Zeiten der Großen Koalition nicht immer besonders spannend. Man könnte auch sagen eher langweilig. Da die Redezeit entsprechend den Fraktionsgrößen konzipiert ist und die Regierungsparteien fast 80 % der Mandate im Hohen Haus inne haben, haben es Gegenentwürfe der kleine Opposition nicht leicht sich Gehör zu verschaffen. „Allerdings haben Debatten zu Gesetzesentwürfen oder Anträgen im Bundestag auch nicht unbedingt den Sinn die Gegenseite zu überzeugen, sondern die Öffentlichkeit über die politischen Alternativen zu informieren“, sagt Dominic Scheim. Er muss es wissen. Schließlich durfte der 17-jährige Schüler aus Schmiden bei der diesjährigen Ausgabe des Planspiels „Jugend und Parlament“ des Deutschen Bundestags in die Rolle eines Abgeordneten schlüpfen.
Eine halbe Woche lang hatte er gemeinsam mit über 300 anderen Jugendlichen, die aus allen Teilen der Republik nach Berlin gekommen waren, das Sagen in der Hauptstadt. Das Planspiel findet jedes Jahr vor der parlamentarischen Sommerpause statt. Als Räumlichkeiten dienten dabei die Originalschauplätze, Reichstag und Paul-Löbe-Haus. Jungen Bürgern soll damit ein bleibender Eindruck von der Arbeitsweise des Parlaments vermittelt werden. Dominic Scheim, als Kreisgeschäftsführer der Jungen Union im Rems-Murr-Kreis politisch nicht unerfahren, wurde vom örtlichen Bundestagsabgeordneten Joachim Pfeiffer für das Erlebnis nominiert. Da jedoch die Bundestagsverwaltung den Spielteilnehmern die Fraktionszugehörigkeit vorschrieb, wurde Dominic Scheim nicht Teil der Fraktion der Christlichen Volkspartei (CVP), sondern der Arbeitnehmerpartei Deutschlands (APD), welche natürlich der SPD entsprechen sollte. Als Mitglied des Verkehrsausschusses befasste er sich mit der Problematik steigender Unfallzahlen im Straßenverkehr und der Frage nach einer Überprüfung der Fahrerlaubnis bei älteren Autofahrern. „Das eigentlich spannende waren nicht die Debattenbeiträge, sondern die Gespräche im Hintergrund. So waren die Fraktionsvorsitzenden der Regierungspartner CVP und APD ständig in Kontakt, es wurden interfraktionelle Vereinbarungen getroffen und auch die aktuell gegenläufige Bundesratsmehrheit wurden im Spiel mitsimuliert“, sagt Dominic Scheim, der einen portugiesisch stämmigen Abgeordneten aus der bayerischen APD verkörperte. Nach seiner Einschätzung war es zwar hier und da schwierig gewesen Kompromisse zwischen den Fraktionen zu erzielen, aber genau dies sei Pflicht in einer Koalition.
Die Arbeit in den Ausschüssen ist das Kernstück der parlamentarischen Arbeit. Wenn ein Gesetzesentwurf in den Deutschen Bundestag eingebracht wird, wird dieser in der Regel nicht sofort debattiert, sondern in der sogenannten ersten Lesung in die zuständigen Ausschüsse verwiesen. Die Plenardebatte ist dann Teil der zweiten und dritten Lesung, bevor es zur Abstimmung kommt. „Das ist nur Show, die Würfel sind da längst gefallen“, sagt Dominic Scheim.
Fabian Zahlecker